Statut *)

 

Liga Selbstvertretung Sachsen – 

Behinderung und Menschenrechte in Sachsen (BuMS!)

 

DiePolitische Interessenvertretung der Selbstvertretungs-Organisationen 

behinderter Menschen im Freistaat Sachsen (DPO Sachsen)

 

(Fassung vom 2. Dezember 2017)

 

Präambel

 

Durch die UN-BRK (Artikel 4 Abs. 3; Artikel 33, Abs. 3, Artikel 35, Abs. 4) und die „Abschließenden Bemerkungen“ des UN-Fachausschusses vom 17. April 2015 (Ziffern 10, 20, 26, 65) wird die Rolle von „Disabled Persons Organizations – DPOs“ und das Konzept der „Selbstvertretung“ stark hervorgehoben. Auch im Freistaat Sachsen selber ist das Konzept von „DPO“ - im Gegensatz zur internationalen Diskussion -  aus historischen Gründen erst in Ansätzen verwirklicht. Eine permanente Verwechslung von „Selbstvertretung“ mit dem medizinisch geprägten Begriff der „Selbsthilfe“ ist außerdem beobachtbar. Die politische Außenwirkung von DPOs bleibt deshalb bislang sehr begrenzt. Aus diesem Grund treten die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen dafür ein, mit einem eigenen Aktionsbündnis zur Selbstvertretung ein deutliches politisches Zeichen zu setzen.

 

1. Ziele der Liga

 

Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen gründen die „Liga Selbstvertretung Sachsen – Behinderung und Menschenrechte in Sachsen (BuMS!)“ (im Folgenden „LIGA Sachsen“ genannt) als ein Aktionsbündnis (ohne Vereinsstatus) mit den folgenden Zielen:

 

(1) Die LIGA Sachsen versteht sich als Die Politische Interessenvertretung der Selbstvertretungs-Organisationen behinderter Menschen im Freistaat Sachsen (DPO Sachsen)

(2) Die LIGA Sachsen versteht sich als Ansprechpartnerin von Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit, wenn es um die Umsetzung der UN-BRK und die Stimme der Verbände behinderter Menschen geht, ohne die Einzelvertretung der Mitgliedsorganisationen zu ersetzen.

(3) Die LIGA Sachsen wirkt offensiv an der Bewusstseinsbildung im Sinne der UN-BRK mit und veröffentlicht gemeinsame inhaltliche Stellungnahmen und Positionspapiere zu aktuellen behindertenpolitischen Fragen.

(4) Die LIGA Sachsen organisiert gemeinsame öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen.

(5) Die LIGA Sachsen erstellt einen gemeinsamen barrierefreien Internetauftritt.

 

2. Beteiligte Organisationen und Einzelpersonen

 

(1)  An der LIGA Sachsen können sich sächsische Selbstvertretungsorganisationen (Disabled Persons Organizations - DPOs) beteiligen, die Behinderung unter einer Menschenrechtsperspektive betrachten und sich für die gleichen Rechte von allen Menschen mit Behinderungen sowie für Selbstbestimmung, Empowerment und Peer-Support einsetzen.

(2)  An der LIGA Sachsen können auch Vereine mitwirken, die sich zur Aufgabe gestellt haben, die Menschen mit Behinderungen zu vertreten, die sich derzeit durch die deutsche Gesetzgebung nicht selbst vertreten können (durch gesetzliche Betreuung). Diese Vereine sollten ebenfalls Behinderung unter einer Menschenrechtsperspektive betrachten und sich für die gleichen Rechte von allen Menschen mit Behinderungen sowie für Selbstbestimmung, Empowerment und Peer-Support einsetzen.

(3)  An der LIGA Sachsen können sich ebenso Einzelpersonen mit Behinderung beteiligen, die Behinderung unter einer Menschenrechtsperspektive betrachten und sich für die gleichen Rechte von allen Menschen mit Behinderungen sowie für Selbstbestimmung, Empowerment und Peer-Support einsetzen. Die Einzelpersonen müssen ihren Wohnsitz im Freistaat Sachsen haben.

(4)  Im Sinne von Behinderung im Kontext dieses Statutes gelten all diejenigen Menschen, die nach dem Gesetz her behindert sind. Dies ist wie folgt definiert:

Begriffsbestimmungen

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Absatz 1 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(5)  An der LIGA Sachsen können sich ebenso Einzelpersonen ohne Behinderungen beteiligen. Diese Einzelpersonen müssen Behinderung unter einer Menschenrechtsperspektive betrachten und sich für die gleichen Rechte von allen Menschen mit Behinderungen sowie für Selbstbestimmung, Empowerment und Peer-Support einsetzen. Diese Einzelpersonen haben innerhalb des Plenums kein Stimmrecht.

(6)  Als DPOs in Sachsen werden solche Organisationen verstanden, die als juristische Personen im Vereinsregister registriert und nach den Guidelinesdes UN-Fachausschuss zur Behindertenrechtskonvention als DPOs verfasst sind: „The Committee understands disabled persons organizations to be those comprised by a majority of persons with disabilities - at least half of its membership -, governed, led and directed by persons with disabilities”.[1](Deutsche Übersetzung:„Selbstvertretungs-Organisationen behinderter Menschen sind solche, deren Mitgliedschaft mindestens zur Hälfte aus behinderten Menschen besteht und die von Menschen mit Behinderungen verwaltet, geführt und gelenkt werden."

Punkt 2. (2) dieses Statutes ist entsprechend zu berücksichtigen.

(7)  Die Kriterien für eine Mitgliedschaft in der LIGA sind dementsprechend:

·      mindestens 50 Prozent der Mitglieder der Organisation sind behindert

·      der gesamte Vorstand der Organisation gemäß Paragraf 26 BGB besteht aus behinderten Personen

·      die Geschäftsführung der Organisation wird durch eine behinderte Person wahrgenommen

·      mindestens 50 Prozent der Leitungsebene (Abteilungs- oder Referatsleitungen, so vorhanden) sind behinderte Personen

·      bei Vertretungsanlässen nach außen sollten behinderte Personen die Organisation repräsentieren

·      Punkt 2. (2) dieses Statutes ist entsprechend zu berücksichtigen.

 

(8)  Die mitwirkenden Organisationen sollten möglichst eine sachsenweite Ausrichtung haben, können aber auch regional innerhalb von Sachsen tätig sein.

 

(9)  Jede Organisation vertritt außerhalb des Aktionsbündnisses nach wie vor selbständig seine Mitgliedschaft. 

 

(10)    Über eine Aufnahme bzw. einen Ausschluss von DPOs und Einzelpersonen nach der Gründung entscheidet das Plenum der LIGA Sachsen (s. Punkt 3) mit einer Dreiviertelmehrheit der an der Abstimmung Teilnehmenden.

 

 

3. Plenum und Außenvertretung

 

(1)Alle beteiligten Selbstvertretungsorganisationen sowie alle Einzelpersonen bilden das Plenum der LIGA Sachsen, das sich nach Absprache trifft. Jede beteiligte Organisation hat bei Abstimmungsprozessen im Plenum eine Stimme. Ebenso jede beteiligte Einzelperson. Eine Abstimmung durch eine/n „bevollmächtigten Vertreter/in“ der beteiligten Organisation ist möglich. Eine Vollmacht dazu muss vor der Abstimmung in schriftlicher Form vorliegen.

(2)Keine Organisation der LIGA Sachsen ist berechtigt, im Namen der LIGA Sachsen zu sprechen.

(3)Für Vertretungsanlässe im Rahmen der Außenvertretung wählen die beteiligten Organisationen und die beteiligten Einzelpersonen mit einfacher Mehrheit der an der Abstimmung Teilnehmenden jeweils für drei Jahre einen, aus drei Personen bestehenden, gleichberechtigten Sprecher*innenrat, in dem verschiedene  Geschlechter und verschiedene Beeinträchtigungsformen vertreten sein sollten. Die Mitglieder des Sprecher*innenrates sind berechtigt,  in der LIGA Sachsen abgestimmte Positionen nach außen zu vertreten. 

(4)Bei Abstimmungsprozessen im Plenum bedarf es der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung Teilnehmenden. Bei Änderungen oder Ergänzungen des Statuts bedarf es einer Zweidrittelmehrheit der an der Abstimmung Teilnehmenden.

(5)In Abstimmungsprozessen ist die Stimmabgabe in Sitzungen persönlich, außerhalb von Sitzungen per Brief, Fax, E-Mail oder sonstigen barrierefreien elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten möglich. Voten, die nach einer gesetzten Frist eingehen, werden nicht mehr berücksichtigt.

 

4. Verantwortlichkeiten der Beteiligten

 

(1)Die beteiligten DPOs und die beteiligten Einzelpersonen wirken nach Kräften mit ihren personellen und materiellen Ressourcen in der LIGASachsen mit.Dies betrifft etwa die Bereitstellung rollstuhlzugänglicher Versammlungsorte, einschließlich Sanitäranlagen, die Bereitstellung von alternativen Formaten für blinde und sehbehinderte Personen, Gebärdensprach- oder Schriftdolmetschung, Formate in Leichter Sprache, etc. - es sei denn, dass dafür Projektmittel vorhanden sind.

 

(2)Die beteiligten Organisationen leisten einen jährlichen Solidarbeitrag in Höhe von:

a)   Koordination der Arbeit der LIGA Sachsen

b)   Kontaktpflege mit Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit

c)   Organisation von Veranstaltungen

d)   Pressearbeit

e)   Einrichtung und Pflege einer Internetpräsenz 

f)     Kontakt und Absprachen mit den Sprecher*Innen und Mitgliedern der LIGA Deutschland

 

Die für Aufgaben der LIGA Sachsen entstehenden Kosten werden durch eine eventuelle (Projekt-) Förderungen sowie durch den Solidarbeitrag der Beteiligten getragen. Über den Ausgleich eventueller Defizite oder die Verwendung eventueller Überschüsse entscheidet das Plenum der LIGA.

 

6. Kodex der Zusammenarbeit

 

Die Mitglieder der LIGA Sachsen verpflichten sich dazu,

·     menschenrechtliche und demokratische Grundsätze zu beachten;

·     respektvoll miteinander umzugehen;

·     auch bei kontroversen inhaltlichen Auseinandersetzungen auf Abwertungen anderer Personen zu verzichten;

·     Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren;

·     vertrauliche Informationen nicht weiterzugeben;

·     sich um Transparenz zu bemühen.

 

*) Das vorliegende Statut orientiert sich am Statut der LIGA Deutschland und wurde von den anwesenden Organisationen und den beteiligten Einzelpersonen am 2. Dezember 2017 in Dresden diskutiert und verabschiedet.